Rametnach – das Bergbaudorf?

Zwischen 650 und 700 Meter, wunderbar am Südhang gelegen, ist unser Dorf ein Ortsteil der Gemeinde Eppenschlag im Landkreis Freyung-Grafenau. Es leben derzeit knapp 80 Einwohner, darunter 17 Kinder unter 18 Jahren, in Rametnach. Bis vor 20-30 Jahren war unsere Ortschaft noch ein richtiges „Bauerndorf“, in dem fast jeder eine kleine Landwirtschaft, sei es hauptberuflich oder im Nebenerwerb, betrieben hat. Doch auch bei uns hat der Strukturwandel seine Spuren hinterlassen, so das nur noch wenige landwirtschaftliche Betriebe erhalten blieben.

Geschichte/Historie

Der Name Rametnach leitet sich aus zwei Quellen ab.

1. Begriff:
Das Wort Rame ist umgangssprachlich anno 1291 im althochdeutschen erwähnt und bedeutete: (Spann-) Rahmen für Tuche in dem Tücher aufgespannt werden, sowie Geräte der Weberei, die gewöhnlich genannt werden. In Rametnach waren die Weber Zuhause. Sie bauten den Leinen an und verarbeiteten ihn. Das dazu benötigte Brechhaus stand in der Regel wegen der Brandgefahr außerhalb des Dorfes.

2. Begriff:
„Rammeln“ ist ein mittelalterlicher Bergbaubegriff und kennzeichnet „die Stelle, wo mehrere Gänge zusammenscharren“ (Veith, 1870, S.373).
Die ersten Rametnacher-Siedler betrieben auch Bergbau im Hochholz auf der Suche nach Mineralien (Eisen, Gold und Quarz). Der Quarzabbau ist heute noch stellenweise im Gelände sichtbar. (6 verfüllte Schächte). Im ersten Schacht neben dem Rametnacher-Wolfertschlager Weg wurden die Pesttoten im 30-jährigen Krieg „entsorgt“.

Die erste Gesamtgüterbeschreibung des bayerischen Landgerichtes Bärnstein liegt uns aus dem Jahre 1488 vor. Sie gliedert sich in mehrere Ämter. Unter „Ambt Urbar Freistifter“ wurde unter anderem die Ortschaft Rametnach urkundlich erwähnt. Im Domkapitel Passau ist hierbei Rametnach mit 1 x 2 Güter aufgeführt. Beim gemeinsamen Rechtlerwald ist das Nutzungsrecht in Anteile aufgeteilt. Dieses verbleibt auf der Flurnummer des Hausgrundstückes im Dorf. (5 ganze und 2 halbe Anteile zählt das „Gmoahoiz“) Zwischen den Anteilseignern wechselt jährlich der sogenannte „Dorfhauptmann“, der dann auch für die Organisation der jährlich stattfindenden Wallfahrt zuständig ist. Im Jahr 1929 wütete ein großer Sturm übers Land. Dabei wurde auch unser Dorf nicht verschont, da zum Teil die Blechdächer der Häuser abgedeckt wurden und im Wald große Windwürfe zu beklagen waren.

Kultur und Brauchtum

Die Kapelle in Rametnach

Sein Versprechen, für eine glückliche Heimkehr seiner Brüder aus der Gefangenschaft, eine Kapelle zu errichten, löste Josef Maier 1953/54 ein. Auf einer kleinen Anhöhe thront sie über den Häusern der Ortschaft und hat dort ein besonders erhabenes Plätzchen. Bis zum Jahr 1940 stand an dieser Stelle das Rametnacher Hirtenhaus. Ein Turm auf der Kapelle fehlt, da die Rametnacher Dorfglocke in einem Türmchen beim jetzigen Anwesen Böhm (früher Garhammer) untergebracht war. Dieses Türmchen wurde Ende der 70er Jahre abgerissen. Seitdem ist die Bronzeglocke, die Gemeinschaftsbesitz des Dorfes ist, verstummt. Immer wieder mal taucht daher der Vorschlag auf, eine neue Kapelle mit Glockenturm zu errichten, damit die Bronzeglocke wieder ihren „Dienst“ verrichten kann. Leider wurde dieses Ansinnen bis heute nicht in die Tat umgesetzt.

Wallfahrt.

Mag man es nun „Bittgang“ oder anspruchsvoller „Wallfahrt“ nennen, vergleichbares hat kein Dorf des Eppenschlager Pfarrsprengels aufzuweisen. Am Florianitag (4. Mai) eines jeden Jahres „beten“ die Rametnacher nach Oberkreuzberg hinauf. Nach Amt und Predigt in der Pfarrkirche geht es zum gemeinsamen Mittagessen in eine Oberkreuzberger Gaststätte. Bis ins 19. Jahrhundert lässt sich dieser volksfromme Brauch zurückverfolgen. Über seine Entstehung gibt es folgende Erzählung: Einst hätten die Hungerberger deutlich gesehen, dass es in Rametnach brennt, und sie kamen eilig herübergelaufen. Doch in Rametnach loderte auch nicht das kleinste Feuerchen. Weil das Dorf von Feuersnot verschont geblieben war, versprachen die Rametnacher jedes Jahr an Floriani nach Oberkreuzberg zu gehen. Bis heute haben sie dieses Gelübde gehalten. Früher war der 4. Mai ein großer Ortsfeiertag in Rametnach, selbst die Dienstboten hatten frei. Erst nach dem 2. Weltkrieg, als viele junge Leute auswärts in der Arbeit waren ist dies abgekommen. Seither findet die „Wallfahrt“ meist am 1. Mai oder dem Sonntag vor dem Florianitag statt.

Eisstockschießen

Schon immer waren die Rametnacher im Winter begeisterte Eisschützen. So wurden in der „Auwiese“ - mitten im Wald oberhalb des Dorfes die Eisstöcke geschwungen sobald das Eis stark genug gefroren war. Die Männer des Dorfes waren bereits ab Mittag dabei, die Eisfläche vom Schnee zu befreien, für die Rametnacher Jungen gab es nach der Schule nichts wichtigeres als schnell die Holzstöcke zu packen und hinaufzulaufen, um sich im „Wildschießen“ mit den älteren zu messen.. (die Hausaufgaben mussten warten …)
Auch heute noch stellen die Rametnacher beim Eisstockgemeindeturnier eine eigene, nicht unerfolgreiche „Dorfmannschaft“.

Infrastruktur

Am 27. Januar 1878 waren alle Hausbesitzer von der Gemeindeverwaltung einbestellt, dem geplanten Bau einer „Wasserreserve“ in Rametnach bei voller Übernahme der entstehenden Kosten durch die jeweiligen Dorfbewohner zuzustimmen. Der 4 x 3,50 Meter große im Erdreich begründete Baukörper speicherte 14 Kubikmeter Löschwasser, das über das „Ausschöpfhürchen“ in der Bedachung entnommen werden konnte. Der Standort befand sich vor dem heutigen Anwesen von Alois Maier jun.

In der „Auwiese“ wurde Lehm ausgegraben und im „Ziegelbrennhaus“ wurden die Ziegel gebrannt die dann im Dorf verbaut wurden. Im Wald zwischen Resch Johann und Garhammer Hans stand einst das Ziegelbrennhaus. Fundamente der dazugehörenden Unterkunft sind heute noch sichtbar.

Bis ins Jahr 1953 ging nur ein Feldweg von der heutigen Kreisstraße oberhalb des Dorfes durch unsere Ortschaft. Nun wurde auf dem bestehenden Feldweg eine Sandstraße errichtet. Zwei offene Gräben links und rechts der Straße zogen sich damals noch durchs Dorf, wie auf dem abgedruckten Bild noch zu erkennen ist.

Ab 1960 wurde Rametnach teilweise elektrifiziert. Bis jedoch das ganze Dorf mit Strom versorgt werden konnte, vergingen noch einige Jahre. (heutzutage könnte mit den in Rametnach installierten PV-Anlagen fast die ganze Gemeinde mit Energie versorgt werden ...)

Unser kleines, gemütliches Dorf ist eine Wohnens- und liebenswerte Ortschaft, die vor allem durch unsere zusammenhaltende Dorfgemeinschaft geprägt ist. Dazu tragen natürlich die gemeinsamen Aktivitäten bei, besonders das seit einiger Zeit wieder jährlich stattfindende Dorffest. Die Kinder toben und spielen gemeinsam den ganzen Abend, und die Erwachsen genießen bei gutem Essen und Trinken das gesellige Beisammensein bis in die späten Abendstunden.

Text: Josef Maier
Quellenangaben: Rupert Kraft, Anton Graßl, Michael Maier, HstAM Kurbay. Geh. Landesarchiv 1015, Pfarr- und Feuerwehrchronik von Peter Slesiona